Kennt ihr das Verbraucherinformationsgesetz?
Dieses Gesetz gewährt allen Verbrauchern einen Anspruch auf Information über Lebens- und Futtermittel sowie Wein, Kosmetika und Bedarfsgegenstände die den staatlichen Behörden vorliegen. Das umschließt zum Beispiel Informationen über deren Beschaffenheit oder Herstellungsbedingungen, ob sie Allergene enthalten, oder welche sonstigen Untersuchungsergebnisse darüber vorliegen (mehr Infos: Wikipedia über das Verbraucherinformationsgesetz - allerdings leider sehr trocken zu lesen).
Das das den Unternehmen und vor allem den Lebensmittelkonzernen ein Dorn im Auge ist, wird viele nicht mehr überraschen. Denn Nestle, Unilever & Co. wollen natürlicher verhindern, das wir erfahren, was für einen Mist sie uns andrehen.
Doch leider ist der Lobbyismus breits so weit vorgedrungen, das oft auch die Behörden - gegen die Intention oder machnmal sogar gegen den Wortlaut des Gesetzes - die Herausgabe von Informationen verweigern oder nach Kräften behindern.
Ein foodwatch-Praxistest hat gezeigt, dass Anfragen häufig spät oder gar nicht beantwortet werden. Von 29 Anfragen, die foodwatch den Behörden stellten, wurden innerhalb von vier Monaten lediglich sechs beantwortet. Das heißt, in knapp 80 Prozent der Fälle wurde keine Auskunft erteilt!
Der ehemalige Verbraucherschutzminister Horst Seehofer hatte sein Gesetz als "Meilenstein für den Verbraucherschutz" gelobt und insbesondere versprochen, jetzt würden endlich die "schwarzen Schafe" genannt. Doch gerade dies passiert nicht. Und in fast allen Fällen sind die gesetzlich festgelegten Fristen überzogen worden, so dass foodwatch bei einzelnen Anfragen nach mehr als einem Jahr immer noch keinerlei abschließende Antwort, und sei es nur einen Ablehnungsbescheid, erhalten hatte.
Insbesondere das Bundesland Bayern, in dem Seehofer nun MInisterpräsident ist und wo er selbst für eine gute Umsetzung des Gesetzes sorgen könnte, ist ein besonders schlechtes Vorbild.
Gerade deshalb ist der Rechtsstreit den foodwatch gerade gegen das bayerische Umweltministerium gewonnen hat von besonderer Bedeutung: Gegenstand war das Verbraucherinformationsgesetz bzw. die Gebühren, die für eine Anfrage in Rechnung gestellt wurden.
Im August 2008 hatten foodwatch vom Bayerischen Umweltministerium Auskunft über den Urangehalt in Mineralwässern beantragt. Für diese Auskunft verlangte die Behörde 1.000 Euro Gebühren sowie 132 Euro Auslagenerstattung! Die hohen Gebühren rechtfertigte die Behörde mit dem angefallenen Bearbeitungsaufwand.
Dieser war tatsächlich groß, denn sie bat 118 Abfüller um eine Erlaubnis, unsere Anfrage zu beantworten – obwohl eine Anhörung der Unternehmen gar nicht erforderlich war!
Das Gericht stellte nun klar: "Der Urangehalt von Mineralwässern kann (…) von jedermann durch Messung festgestellt werden, so dass es sich nicht um ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis handelt". Der Aufwand, der betrieben wurde, war überflüssig und durfte deshalb nicht in Rechnung gestellt werden! Dieses Urteil ist wichtig für alle Bürger, die ihr Informationsrecht wahrnehmen wollen. Denn es verbietet Behörden, Bürger durch abschreckend hohe Gebühren von Informationsanfragen abzuhalten.
Sogar dann, wenn Gefahr in Verzug ist, hat in Deutschland diese Geheimniskrämerei noch Vorrang vor dem Schutz der Verbraucher. Anfang dieses Jahres starben in Österreich und Deutschland acht (!) Menschen an mit Listerienbakterien verseuchtem Harzer Käse. Es gab zwar eine Meldung der Behörden im Internet – aber ohne Nennung des Produktes oder des Herstellers und daher nutzlos für den Verbraucher. Und der Vertreiber des Käses in Deutschland, die Firma Lidl, hatte zunächst lediglich empfohlen, den Käse "aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes" nicht zu essen. Eine eindringliche Warnung sieht anders aus!
Der Praxistest von foodwatch und der Skandal um den verseuchten Käse zeigen überdeutlich: Die Informationsgesetze bedienen die Interessen der Wirtschaft – zu Lasten der Verbraucher.
foodwatch will das ändern! Wir fordern: Die Behörden müssen bei Gefahr verpflichtet sein, sofort über alle zur Verfügung stehenden Kommunikationswege zu warnen. Sie müssen umgehend Namen der Hersteller und der Produkte nennen. Auskünfte dürfen nicht verschleppt werden und die Gebühren müssen angemessen sein! Auch wenn wir jetzt vor Gericht einen Erfolg erzielt haben, so sind die Gesetze immer noch die gleichen und völlig unzureichend. foodwatch kämpft für eine Änderung der Gesetze.
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