Im Supermarkt lächelt Sie ein großer, rosaroter Schinken an. Was Sie nicht wissen: Das muss gar kein Schinken sein. Vor Ihnen darf auch ein aus kleinen Muskelstücken mittels eines Enzyms zusammengeklebtes Stück Fleisch liegen. Sie wollen nicht glauben, dass "Klebeschinken" als Schinken verkauft werden darf? Doch das ist leider so. Und es ist ganz legal!
Beispiele dreister Verbrauchertäuschung gibt es viele: Ein Schinkenbrot muss keinen Schinken enthalten. Ein Brot muss nicht gebacken sein. Ein Heringssalat kann bis zu 80 Prozent Rindfleisch enthalten.
Jetzt fragen Sie sich zu Recht: Wie kann es eigentlich sein, dass wir so plump angelogen werden? Die Erklärung: Über die so genannten "Verkehrsbezeichnungen" von Lebensmitteln entscheidet die "Lebensmittelbuchkommission", die so etwas wie ein Geheimbund ist.
Die vom Verbraucherministerium ernannten Mitglieder legen diese absurden Bezeichnungen für Lebensmittel fest, die uns dann tagtäglich im Supermarkt in die Irre führen. Doch: Öffentlich sind die Sitzungen der Kommission nicht. Auch bleiben die Protokolle geheim und die Mitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Die Lebensmittelbuchkommission hat zum Beispiel festgelegt: Bei einem Produkt, das "Schinkenbrot" heißt, ist die Zugabe von Schinken "nicht üblich".
Das ist ein Skandal!
"Verkehrsbezeichnungen" haben Gesetzescharakter. Wie sie zustande kommen, das muss öffentlich sein. Genauso wie in einem Parlament Debatten über Gesetze öffentlich sein müssen. Schließlich ist dies ein unveräußerliches Grundprinzip der Demokratie.
foodwatch hat deshalb 2007 Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht und die Veröffentlichung der Protokolle gefordert. Doch die foodwatch-Klage wurde kürzlich vom Verwaltungsgericht Köln mit der Begründung abgelehnt, "dass ohne die gebotene Vertraulichkeit die offene Meinungsbildung und neutrale Entscheidungsfindung beeinträchtigt würden."
Wir finden, dass bei den Geheimdiskussionen der Lebensmittelbuchkommission von neutraler Entscheidungsfindung nicht die Rede sein kann. Wir Bürger müssen feststellen können, wer was fordert u nd warum. Und daher ist Öffentlichkeit geboten. Im Bundestag kann schließlich auch öffentlich und "ohne die gebotene Vertraulichkeit" diskutiert werden!
foodwatch hat zum Glück beschlossen, dieses Gerichtsurteil nicht hinzunehmen und in Berufung zu gehen. Dieser Prozess ist für für alle Verbraucher und für die Entwicklung des Lebensmittelrechts entscheidend. Aber er ist nicht umsonst zu haben: Foodwatch muss Anwalts- und Gerichtskosten und Gutachten von renommierten Professoren finanzieren. Politische Begleitung durch eine interessierte Öffentlichkeit ist wichtig!
Wer kann, möge darüber hinaus Foodwatch als Förderer/Förderin unterstützen
Siehe auch: faz: Dein Name sei Schinkenbrot
Siehe auch:
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