Geht es nach den Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahre in Deutschland, säßen im nächsten Bundestag nicht sechs, sondern acht Parteien. Neben den Piraten hätte auch die Tierschutzpartei den Sprung ins Parlament geschafft.
Stärkste Partei würde die SPD, wenn auch mit weniger Anteilen als ihnen sogar die Meinungsumfragen unter den Erwachsenen vorhersagen: 20,5%. Gleich darauf folgten die Grünen mit 20% .Für eine Regierungsbildung reichte das jedoch nicht aus, sodass sich Rot-Grün entweder mit der Linken (10,4%) oder Piraten (8,7%) und FDP (7,6%) zusammen tun müßte. Einer der Letzteren könnte theoretisch auch gegen die konservative Tierschutzpartei ausgetauscht werden.
CDU/CSU (19,4%) und FDP(7,6%) wären meilenweit von einer schwarz-gelben Koalition entfernt (zusammen gerade 27%), ebenso würden CDU und SPD keine Mehrheit erreichen.
Die Piratenpartei, die wie bei der echten Bundestagswahl in Sachsen nicht antreten durften, schafften fast in allen Bundesländern mühelos den Sprung über die 5%-Hürde. Auch in Ostdeutschland und in den ländlichen Flächenstaaten kommen sie auf über 5%.
Die NPD erreicht mir mit 4,2 % zwar erschreckend viele Prozente, aber ihre Propaganda verfängt aber auch bei den Jugendlichen weniger gut, als von ihr erhofft.
Insgeseamt kommen die Sonstigen auf 13,5% (schon ohne Piraten-, aber mit Tierschutzpartei). Außer den bisher genannten Sonstigen kanm jedoch - wie bei den Erwachsenen zu erwarten - keine andere Partei über 1% (Stärkste davon war die Familienpartei mit 0,78 %). Bemerkenswert: Immerhin 0,24% der Mädchen und Jungen stimmen für die Rentnerpartei.
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Aporpos: Mädchen und Jungen haben in etwa gleiches Interesse für Politik gezeigt. Dagegen unterscheidet sich die Teilnahme nach Altersgruppen erheblich: Die Teilnahme war bei den 15-jährigen am stärksten. Auch die 14-jährigen haben in größerer Zahl teilgenommen als die 16- und 17-jährigen (siehe Abb. rechts).
Insgesamt zeigt sich, dass die Kinder & Jugendlichen Deutschlands Parteienlandschaft zwar erheblich verändern, aber nicht komplett auf den Kopf stellen würden. Wichtig aber: Jugendliche wählen nicht mehr automatisch, was ihre Eltern wählen. Die generationen-übergreifende Bindung an Parteien nimmt ab.
Schon in vier Jahren dürften die ersten Effekte sichtbar werden. Immerhin werden dann mehr als 60% der Teilnehmer der diesjährigen U18 Wahl an der Bundestagswahl teinehmen können.
Was wird das bedeuten?
Wenig gutes für die Zukunft verspricht das Ergebnis für die CDU: Der augenblickliche Vorsprung der Konservativen vor der SPD basiert auf den älteren Jahrgängen. Auch die Zeiten der CDU als Volkspartei dürfen als gezählt angesehen werden - in absehbarer Zeit muss auch sie sich auf Ergebnisse unter 30% einstellen.
Die SPD wird sich vermutlich oberhalb bei 20% stabilisieren können. Die Jugendlichen bewerten die Sozialdemokraten nur geringfügig schlechter als ihre Eltern. Aber: Das Tal der Tränen ist noch nicht erreicht - Hoffnung machen die Jugendlichen der SPD nicht.
Auch die Linke kann nicht auf die revolutionäre Kraft der Jugend hoffen: Zwar muss sie sich nicht auf Verluste einstellen, da sie bei den Jugendlichen etwa da rangiert, wie bei den Erwachsenen auch und man darf davon ausgehen, das sie kein vorübergehendes Phänomen ist. Aber damit hat es sich auch schon. Sozialismus lockt heute keinem Massen mehr vom Fernseher weg - besonders in den Unterschichten nicht.
Besonders bitter ist das Ergebnis natürlich für die FDP - gerade angesichts ihres Triumphes bei der Bundestagswahl. Bei den Jugendlichen würde sie nur etwa die Hälfte der Stimmen erhalten. Das mag sich etwas ändern, wenn die jüngeren Jahrgänge Geld verdienen und die wenigen Wohlhabenden draunter ihre Steuern noch etwas optimieren wollen. Aber emotionale Verbundenheit kommt so nicht zustande.
Für die Grünen dagegen steht die beste Zeit noch bevor: Bei den Jugendlichen erreichen sie bundesweit Werte wie nie zuvor. Das passt zu ihren Ergebnissen, die sie heute schon in Großstädten und den Zentren der mittleren Städte erreichen. Für die Jugendlichen ist es mindestens genauso normal Grüne zu wählen, wie CDU oder SPD - von den Vorbehalten der Eltern und Großeltern gegen die Ökos ist nichts geblieben. Doch die Grünen müssen aufpassen: Anders als noch die Alt-68er & Friedensbewegten, die noch NATO-Doppelbeschkluss, Prügel-Polizisten, BILD-Hetzern, Strauß & Kohl am eigenen Leib erleben mußten und sie über die 5% und 9% getragen haben, sind die Jugendlichen keineswegs mehr emotional an sie gebunden.
Dagegen sieht der Ergebnis der Piratenpartei auf den ersten Blick ernüchtend aus: Zwar hätten sie bei den Jugendlichen den Einzug in den Bundestag geschafft, jedoch nur mit mageren 8,7% wenig für eine Protestpartei mit locker-witzigen Politik-Ansatz. Das läßt sich möglicherweise damit erklären, dass die Piraten noch relativ unbekannt und ihre Themen eher komplex sind. Die Tatsache, das bei der echten Bundestagswahl etwa 13% der männlichen ErstwählerInnen ihr Kreuz bei den Piraten gemacht haben, unterstütz diese These. Dennoch: Ein cooler Namen allein bringt noch keine Stimmen bei den Jugendlichen. Die Piraten müssen daran arbeiten, ihre Themen auch Jugendlichen beser zu vermitteln.
Was bei den Piraten jedoch besonders aufffällt: Sie können insbesondere in Ostdeutschland - dort wo sich die Grünen sehr schwer tun - besonders gut (zweistellig) punkten. Das kann nicht allein an der Stasi-Überwachungs-Vergangenheit liegen, denn die Jugendlichen haben diese Zeit ja nicht miterlebt.
Es bleibt spannend!
Mehr infos zur U18 Wahl unter U18.org.
Siehe auch:
Eigene Bundestagswahl 2009 für alle unter 18
Peto statt Veto: Wie Jugendliche eine Stadt übernehmen
Google Trends: Nach welchen Parteien, Kandidaten & Polit-Themen die Deutschen suchen
Piraten nicht eingeladen zu "TV Total Bundestagswahl" - Teil 2
Dr. Motte & der Wahlkampf der Piraten
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