Ein Richter am Bundesverwaltungsgericht kommt nach SPIEGEL-Informationen zu dem Schluss: Karlheinz Weimar hätte "grob rechtswidrige" Zwangspensionierungen von Steuerfahndern prüfen müssen, die auf Basis fragwürdiger psychiatrischer Gutachten erfolgten.
Die Begründungen klangen schon damals abenteuerlich: Zwei der vier zwangspensionierten Steuerfahnder litten laut Gutachten unter einer "paranoid-querulatorischen Entwicklung", den anderen beiden attestierte der Psychiater eine "Anpassungsstörung". Und war alle gleichzeitig. Mit einer Besserung - so die "Gutachter" - sei nicht zu rechnen. Die Diagnosen führten dazu, dass die unbequemen Beamten in den Ruhestand geschickt wurden.
Doch Dieter Deiseroth, Richter am Bundesverwaltungsgericht, kommt in einer Analyse zu dem Schluss, Weimar könne die Verantwortung nicht einfach auf untergeordnete Behörden abwälzen. In der Analyse, die im Januar veröffentlicht werden soll, bezeichnet Deiseroth die Zwangspensionierungen als "grob rechtswidrig". Das Land Hessen müsse deshalb nun auch mit Schadensersatzansprüchen der Ex-Fahnder rechnen.
Die Beamten gehörten zu einer Gruppe Frankfurter Steuerfahnder, die sich dagegen gewehrt hatten, im Jahr 2001 auf von Ermittlungen gegen vermögende Steuerflüchtlinge abgezogen zu werden. In der Landespolitik gilt es als ein offenes - wenn auch bisher schwer belegbares - Geheimniss, das dieses auf Wunsch der CDU und speziell von Roland Koch geschah.
Die Fahnder wurden zunächst zwangsversetzt, später mit Hilfe von offenkundig grob fehlerhaften Gutachten in den Ruhestand geschickt. Die "nervenfachärztlichen Gutachten", die der beauftragte Psychiater nach rund einstündigen Terminen anfertigte, laufen in streckenweise wortgleichen Passagen auf das immer gleiche Ergebnis hinaus: Die Fahnder seien wegen psychischer Erkrankungen dienstunfähig (siehe SPIEGEL 29/2009).
Die Landesärztekammer hatte die Expertisen als "Gefälligkeitsgutachten" bezeichnet. Auch das Berufsgericht für Heilberufe beim Verwaltungsgericht Gießen kam inzwischen zu dem Schluss, dass die Gutachten "nicht den fachlichen Anforderungen" entsprechen.
Nun gerät Finanzminister Weimar als offiziell oberster Dienstherr unter Druck. Roland Koch dagegen scheint mal wieder ungeschadet davon zu kommen.
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