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29. Juni 2014 7 29 /06 /Juni /2014 15:50

Sportliche Wettbewerbe machen am meisten Spass, wenn man selbst dabei mitmacht. Leider haben sie aber den meisten von uns die Tickets nach Südamerika verweigert.

 

Daher bleibt uns armen Tröpfen nur, bei der WM zuzuschauen. Und zuschauen macht bekanntlich am meisten Spass, wenn man zu einem Team hält, und für dieses kräftig mitfiebern kann.

 

Jedoch:

 

Nach dem "Sommermärchen" fanden der Bielefelder Soziologe Wilhelm Heitmeyer und der Marburger Sozialpsychologe Ulrich Wagner in einer Befragung heraus, dass die Präsenz nationaler Symbole während der Weltmeisterschaft bei einem Teil der Bevölkerung die  Fremdenfeindlichkeit signifikant erhöht hatte.


Heute sagt Wagner:


"Dieser neue Hype [...]  beinhaltet auf subtile Art und Weise durchaus die Gefahr, als Nation besser sein zu wollen als andere. Damit geht auch die Gefahr einher, das Nationale zu einer gesellschaftlichen Kategorie zu machen, die wieder wichtiger wird."

 

Aus seinen Erhebungen lässt sich schließen: Wenn heute [...] mit ihr die Mitte Deutschlands die Fahne schwingen, dann hat das einen Effekt auf Rechtsaußen: Aus der neuen patriotischen Selbstverständlichkeit der Mitte nährt sich auch fremdenfeindlicher Nationalismus.

 

Quelle: http://www.taz.de/1/leben/musik/artikel/ 1/eine-nationale-umarmung/


Ist es deswegen angesagt, auf eine Teilnahme an den WM-Aktivitäten zu verzichten und der deutschen Nationalmannschaft ein frühes Ausscheiden bei der WM zu wünschen?

 

Ich denke nicht. Denn dann würden wir uns von den Nationalisten und Nazis diktieren lassen, was wir (nicht) zu tun haben. Die deutsche Nationalmannschaft hat einen Trainer, der jedes Nationalismus unverdächtig ist und die Mannschaft dokumentiert wie keine je zuvor das Erfolgsmodell Einwanderung und Multi-Kulti-Gesellschaft.

 

Das ist ja an sich eine Selbstverständlichkeit - deswegen muss man aber Fußball & die deutsche Nationalmannschaft noch nicht gut finden. Aber es gibt auch noch keine Gründe dafür her, jetzt fußballerisch anti-deutsch zu werden.

 

Der Lärm, die (unvermeidlichen & übrigens von den "Ausländern" erfundenen ) Autokorsos mögen Gründe gegen die WM als Ganzes sein (die ich weniger teile -aber nachvollziehen kann). Der Vorwurf, reine Geldmacherei zu sein, von der nur wenige Reiche wirklich profitieren, ist ein (wie ich meine guter!) Grund gegen die WM insgesamt zu sein. Und natürlich ist die WM eine Form moderner "Brot & Spiele", mit denen erfolgreich von den wirklichen Problemen im Lande abgelenkt wird.

Aber trotzdem macht es mir Spass, Fußball zu schauen.

 

Sollen wir vielleicht besser nicht am Public Viewing und den Feiern auf den Straßen teilnehmen, wenn das doch den Nationalismus stärken könnte? Besser zuhause vor der Kiste schauen?

 

Für alle, die gern in Gesellschaft Fußball schauen und feiern, gilt, würde ich sagen: Wir sollten die Straße und die Fan Areas nicht freiwillig den nationalistischen Deppen überlassen.

 

Man muss ja deshalb nicht gleich mit der Deutschland-Fahne rumlaufen. Mit vielen kleinen Dingen kann man nationalistische Tendenzen gezielt, ironisch & geschickt unterlaufen oder auch einfach nicht-nationalistische Normalität demonstrieren:

 

1.) Fahnen: Es gibt viele bunte Tücher und Stoffe, mit denen man Freude ausdrücken kann, ohne gleich den ganzen Polit- & Geschichts-Ballast  der Deutschland-Fahne mit sich rumzuschleppen. Besonders geil finde ich es übrigens, mit der belgischen Fahne zu kommen. .Das kapieren die rechten Deppen nie richtig und die Linken oft nur mit Anlauf. Gleiches gilt für T-Shirts (Siehe auch: Geschichtsstunde WM 1974: Chile si! Junta no!)

 

2.) Transparente: Wer schreibt, der bleibt. Gute Sprüche beleben das (Nach-)Denken. (Schwaches) Beispiel. "Der Kopf  rund wie ein Fußball, damit das Denken die richtung wechselbn kann." (Besseres hier, wenn ihr mir was schreibt) Gleiches gilt für T-Shirts.

 

3.) Sprechchöre: Auch hier schadet es nichts, sich vorher ein paar Gedanken zu machen. Ideen?

 

Dumme nationalistische Sprechchöre können übrigens fast immer mit einem entschiedenen "Olé, Olé, Olé, Olé" zum Verstummen übertönt werden. Da können nämlich selbst die größten Deppen mitsingen.

 

Der Sprechchor: "Steht auf, wenn ihr für Deutschland seid" wird leider gelegentlich in ein fruchtbar-nationalistisches "Steht auf, wenn ihr Deutsche seid" verdreht, das andere Fans aus aller Welt ausschließt. Wichtig ist daher die klare Betonung des "ihr für Deutschland". Alternativ: "Olé, Olé, Olé, Olé" oder "So ein Tag. so wunderschön..."

 

(Spannend übrigens auch: Wortgefechte: Fankultur bei Tottenham Hotspur)

 

4.) Fairness & Achtung für den Gegner: Die Erniedrigung des Gegners ist im Krieg eine wichtige Grundlage des Tötens. Fußball aber ist Sport und sollte (auch) der Verständigung dienen.

- Pfeifen und Buhen, während die Nationalhymne des Gegners gespielt / gesungen wird, sollte unterbleiben.

- Auch sollten Regelverstöße des Gegners nicht überbewertet, die des eigenen Teams nicht unterbewertet / pauschal abgestritten werden. 

- Leistungen des Gegners sollten anerkannt werden (es darf auch mal für den Gegner geklatscht werden).

 

Die innere Einstellung / das Einzelgespräch wird oft unterschätzt - beides prägt die Umgebung, auch wenn es vielleicht nicht gleich auf 100 besoffene Leute übergreift.

 

5.) Es gibt keine Verpflichtung, aufzustehen oder gar mitzusingen, wenn die deutsche Nationalhymne erklingt. Auch nicht, wenn alle um einen herum meinen, das tun zu müssen. Im Gegenteil, wenn "Recht und Freiheit" etwas zu bedeuten hat, dann eben dieses.

Gleichzeitig ist aber auch aufzustehen und/oder mitsingen kein Zeichen von Nationalismus, sondern könnte (theoretisch) auch Ausdruck eines Verfassungs-Patriotismus sein. 

 

6.) Die WM-typische Verunglimpfung unseres Landesnamens zu "Schland" kann nur begrüßt, unterstützt und sollte unbedingt  ausgebaut werden.

 

7.) Ich bin ja schon aus ökologischen Gründen kein Freund von Autokorso. Nach einem Sieg kann ein solcher aber auch gut mit dem Fahrrad begleitet werden. Noch netter ist es aber sicher, mit ner Flasche Sekt in die Innenstadt zu gehen, und dort auch mit den Anhängern anderer Mannschaften anzustoßen.

Wer dort wohnt, kann auch einfach seine Boxen ins Fenster stellen und mit einer internationalen Musik-Mischung für (Tanz-)Stimmung sorgen. An Schlaf ist ja wegen der Autokorsos sowieso nicht zu denken - das sollten auch evtl. anrückende Polizisten hoffentlich einsehen.

 

8.) Öfter mal die Spiele anderer Mannschaften ansehen - gemeinsam mit ihren Fans. Wo auch immer.

 

Ein erste Ideensammlung, die (auch mit euren Ideen) ergänzt wird.

 

Wichtig: Während der WM die Politik besonders scharf beobachten. Schwarz-Rot wird versuchen, angesichts der vermuteten Ablenkung von Presse wie Öffentlichkeit, ein paar besonders schwere Brocken durch Gesetzgebung oder Genehmigungsverfahren zu bocken - bevor es jemand merkt.

 

Siehe auch:

Deutsche Multi-Kulti-Nationalmannschaft

Emma Goldman - Patriotismus: Eine Bedrohung der Freiheit
 

Gutes Interview mit Klaus Theweleit zu Fußball und Migration 

Update (8.7.2010): Jetzt hats auch der Spiegel gemerkt:  Migranten im DFB-Dress "Aus dem Traum muss Alltag werden"

 

 

Siehe auch weitere Artikel in der Kategorie "Nazi-Aktivitäten", zum Beispiel: 

nazis sind wie staub....

8. Mai: Feiern wir den Sieg über das Böse!

Müssen Demos gegen Nazis wirklich sein? Kann man die nich einfach mal wegignorieren?
Kritische Anmerkungen zum 13.2.

Ein Faschist, der nichts ist, als ein Faschist ...

Mein, dein, unser... täglicher Rassismus 

 

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