11. März 2009
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20:31
Viele Tote heute in einer deutschen Kleinstadt. Eine furchtbare Tragögie für die Opfer und ihre Familien, Freunde und Bekannten. Auch für jene, die einfach nur überlebt haben und auch für die Familie, die Freunde des Täters.
Noch schneller als je zuvor hat die Nachricht sich dieses Mal verbreitet. Dauerte es früher noch bis zur Tagesschau, bis die Nachricht das nach Sensationen gierende Volk erreichte, so waren es heute nur Minuten, bis sich auf Twitter die ersten Meldungen verbreiteten. Und schon ging der Zirkus los. Die sich widersprechenden Meldungen wurden verglichen, Twitterer aus Winnenden wurden verbreitet, erste Spekulationen losgetreten, Täter-Namen herumgereicht, nach Netzaktivitäten des Täters geforscht, Falschmeldungen verbreitet.
Die traditionellen Medien berichteten auch in den Sozialen Netzwerken und berichteten über die Reaktion in den sozialen Netzwerken und die Netzwerker berichteten über die Berichte der traditionellen Medien über die Reaktionen in den sozialen Netzwerken, die wieder darüber berichteten. Eine Lawine von völlig irrelevanter Selbstbeschäftigung ist entstanden und wird in den nächsten Tagen auf die Blogsphere überschwappen.
Was aber, wenn Berichterstatter und Täter damit eine unheilige Allianz eingehen? Wenn der nächste Amokläufer seine Idee aus der Sensations-Berichterstattung des vorhergehenden Amoklaufes gewinnt? Wenn erst die Aufmerksamkeit, die gewiss nach dem Amok-Tod kommt, den entscheidenden Entschluss reifen lässt? Warum Selbstmord, wenn man soviel spektakulärer ("geiler") aus dem Leben scheiden kann?
Medienschelte wäre jetzt natürlich der nächste Schritt. Doch das ist zu einfach. Denn die Medien würden nicht so berichten, wenn damit nicht Spitzen-Klickraten, Spitzen-Einschaltquoten und Spitzen-Verkaufszahlen zu erzielen wären. Das geifernde Publikum (wir!) erwartet schon Minuten nach dem Ereignis schnelle und spektakuläre Meldungen und Bilder. Für eine durchdachte, sauber recherchierte Berichterstattung (die Tage brauchen würde) fehlt uns doch die Geduld. Morgen wird doch schon die nächste Sau durchs Dorf getrieben. Und wenn möglich fahren wir selbst schnell hin, um alles mit unserer Handy-Kamera zu fotografieren, ein Video für YouTube zu drehen oder vom x-Phone aus zu twittern. So geil sind wir doch auf diese Art von Sensationen. Wenn es Amokläufe nicht gäbe, müßte man sie inszenieren! Wie Realitiy-TV, nur viiiiel besser!
Der Amokläufer von Winnenden hat heute 15 Menschen getötet. Heute starben außerdem ungefähr:
14 Menschen durch Verkehrsunfälle
26 Menschen durch Selbstmord
117 Menschen durch Krankheiten des Verdauungssystems
150 Menschen durch Krankheiten des Atmungssystems
579 Menschen an Krebs
983 Menschen durch Krankheiten des Kreislaufsystems
wie jeden Tag (Durchschnittswerte basierend auf 2006, nach Bundesamt für Statisitk)
Ich werde - so nehme ich mir das jetzt vor - nach Beendigung dieses Artikels keinen Link zu Winnenden mehr anklicken, keine Sendung schauen, in der zu Winnenden berichtet wird und keine Zeitung oder Zeitschrift kaufen, die mit Winnenden titelt. In der Hoffnung, meinen kleinen Beitrag dazu zu leisten, damit dieser und ähnlicher Wahnsinn nicht mehr als Top-Medien-Ereignis gefeiert werden kann.
Abschließen möchte ich meine Betrachtungen mit einem Beitrag von Hagen Rether, der bereits nach dem letzten Amoklauf in seiner ruhigen, nachdenklichen, aber trotzdem trefffenden Art viel Richtiges zu diesem und verwandten Themen sagte:
Noch schneller als je zuvor hat die Nachricht sich dieses Mal verbreitet. Dauerte es früher noch bis zur Tagesschau, bis die Nachricht das nach Sensationen gierende Volk erreichte, so waren es heute nur Minuten, bis sich auf Twitter die ersten Meldungen verbreiteten. Und schon ging der Zirkus los. Die sich widersprechenden Meldungen wurden verglichen, Twitterer aus Winnenden wurden verbreitet, erste Spekulationen losgetreten, Täter-Namen herumgereicht, nach Netzaktivitäten des Täters geforscht, Falschmeldungen verbreitet.
Die traditionellen Medien berichteten auch in den Sozialen Netzwerken und berichteten über die Reaktion in den sozialen Netzwerken und die Netzwerker berichteten über die Berichte der traditionellen Medien über die Reaktionen in den sozialen Netzwerken, die wieder darüber berichteten. Eine Lawine von völlig irrelevanter Selbstbeschäftigung ist entstanden und wird in den nächsten Tagen auf die Blogsphere überschwappen.
Was aber, wenn Berichterstatter und Täter damit eine unheilige Allianz eingehen? Wenn der nächste Amokläufer seine Idee aus der Sensations-Berichterstattung des vorhergehenden Amoklaufes gewinnt? Wenn erst die Aufmerksamkeit, die gewiss nach dem Amok-Tod kommt, den entscheidenden Entschluss reifen lässt? Warum Selbstmord, wenn man soviel spektakulärer ("geiler") aus dem Leben scheiden kann?
Medienschelte wäre jetzt natürlich der nächste Schritt. Doch das ist zu einfach. Denn die Medien würden nicht so berichten, wenn damit nicht Spitzen-Klickraten, Spitzen-Einschaltquoten und Spitzen-Verkaufszahlen zu erzielen wären. Das geifernde Publikum (wir!) erwartet schon Minuten nach dem Ereignis schnelle und spektakuläre Meldungen und Bilder. Für eine durchdachte, sauber recherchierte Berichterstattung (die Tage brauchen würde) fehlt uns doch die Geduld. Morgen wird doch schon die nächste Sau durchs Dorf getrieben. Und wenn möglich fahren wir selbst schnell hin, um alles mit unserer Handy-Kamera zu fotografieren, ein Video für YouTube zu drehen oder vom x-Phone aus zu twittern. So geil sind wir doch auf diese Art von Sensationen. Wenn es Amokläufe nicht gäbe, müßte man sie inszenieren! Wie Realitiy-TV, nur viiiiel besser!
Der Amokläufer von Winnenden hat heute 15 Menschen getötet. Heute starben außerdem ungefähr:
14 Menschen durch Verkehrsunfälle
26 Menschen durch Selbstmord
117 Menschen durch Krankheiten des Verdauungssystems
150 Menschen durch Krankheiten des Atmungssystems
579 Menschen an Krebs
983 Menschen durch Krankheiten des Kreislaufsystems
wie jeden Tag (Durchschnittswerte basierend auf 2006, nach Bundesamt für Statisitk)
Ich werde - so nehme ich mir das jetzt vor - nach Beendigung dieses Artikels keinen Link zu Winnenden mehr anklicken, keine Sendung schauen, in der zu Winnenden berichtet wird und keine Zeitung oder Zeitschrift kaufen, die mit Winnenden titelt. In der Hoffnung, meinen kleinen Beitrag dazu zu leisten, damit dieser und ähnlicher Wahnsinn nicht mehr als Top-Medien-Ereignis gefeiert werden kann.
Abschließen möchte ich meine Betrachtungen mit einem Beitrag von Hagen Rether, der bereits nach dem letzten Amoklauf in seiner ruhigen, nachdenklichen, aber trotzdem trefffenden Art viel Richtiges zu diesem und verwandten Themen sagte: