Also erst mal das Positive ("Always look on the bright side of life.") :
- Die Anti-AKW Bewegung ist stärker und schlagkräftiger denn je: Nicht nur, dass 50.000 ins Wendland (den Arsch der westlichen Welt) fahren. Auch überall entlang der Castor-Strecke waren zehntausende Menschen auf den Beinen.
- Dieser Castor Transport brauchte länger als jeder andere Castor-Transport in der Geschichte der Atomenergie: 3 Tage , 19 Stunden und 24 Minuten von La Hague (Frankreich) bis Gorleben (Niedersachsen).
Das nächste Mal werden es bestimmt mindestens 4 Tage, selbst wenn sie die Zahl der Polizisten verdoppeln.Denn nächstes Mal werden noch mehr Menschen ins Wendland strömen. Und viel, viel mehr werden an / auf der Castor-Strecke durch Deutschland stehen.
- Allein der Ticker der offizielle Anti-AKW Bewegung (Castor-Ticker) erlebte in diesen Tagen 80 Millionen Seitenabrufen (80.000.000), hinzu kamen die Live Ticker fast aller großen Medien (die vielen Abrufe an den taz Ticker brachte den taz Server mehrfach zum Absturz), obwohl sich der Kern der Online Community über Twitter informiert.
- Die Laufzeitverlängerung führt Familien zusammen: Selten habe ich so viele pubertierenden Juendliche zusammen mit ihren Eltern gesehen wie auf Anti-AKW Demos
(auch wenn die einen "nur" von Widerstand, die anderen von "Barrikaden" singen - sie gehen zusammen hin!)
- wo immer Menschen entschlossen (und planvoll genug) waren, ist es gelungen, den Castor Transport für eine ganze Weile aufzuhalten
- Auch wenn einige Polizisten, mit brutaler Gewalt und Wut gegen uns losgeschlagen haben, viel mehr von ihnen lehnen Atomkraft ebenfalls ab (ohne deswegen gleich für Blockaden zu sein - obwohl es da durchaus überraschende auch Zustimmung gab) und noch viel mehr fühlen sich von der CDU / FDP mißbraucht und alleingelassen.
- die Kosten der Castortransporte und die einseitige Festlegung auf Gorleben sind innerhalb der CDU in die Diskussion geraten
- Sogar die Kirchen haben öffentlich Stellung gegen die Atomenergie und die Laufzeitverlängerung bezogen!
Also, ein großartiger Erfolg, der alle Erwartungen übertroffen hat!
Dennoch möchte ich (ewiger Spielverderber, der ich bin :-) , Blick auf ein vier Punkte lenken, die - denke ich - schlecht gelaufen sind.
1.) Die FDP als treibende Industrielobby hinter der Laufzeitverlängerung ist komplett aus dem Blickfeld verschwunden. Sie hat sich - geschickt - zurückgehalten in den letzten Wochen und die CDU die Drecksarbeit machen lassen (in Stuttgart übrigens auch). Und schon kommt sie in den Umfragen wieder an die 5% heran.
2.) Das Potential von Protesten (und Blockaden) entlang der Castor-Strecke durch ganz Deutschland wurde verschenkt das ist keine Kritik an den Organisatoren der Proteste im Wendland, sondern ehr ein Mangel an Vernetzung der Anti-Atom-Initiativen im Bundesgebiet und an einer erstaunlich geringen Reichweite der lokalen Initiativen vor Ort.
Entlang der Castor-Strecke scheint es ehr Zufall gewesen zu sein, ob man davon erfuhr, dass und wann der Castor-Transport vorbei kam.Traditionelle Pressarbeit erreicht heute zu wenig Leuten und ist zu langsam für diesen Zweck.
Twitter, Mailverteiler, SMS- und Telefonketten könnten nächstes Mal dafür sorgen, dass hunderttausende mehr an und auf den Scheinen sind. Dazu brauchen die Inis vor Ort allerdings die Unterstützung von Technologie-affinen Menschen. Join your local Anti-AKW Group!
Vor allem aber:
3.) Die Proteste haben völlig von den eigentlich Verantwortlichen abgelenkt: Statt die Wut auf die wortbrüchige Atomlobby zu lenken, wird vor allem über Polizeigewalt und die CDU von Frau Merkel diskutiert.
Dabei ist diese Frau Mekel und ihre CDU nur die Ausführungsgehilfin des Atomkartells aus RWE, Vattenfall, E.ON und ENBW. Und die PolizistInnen im Wendland bestenfalls willige Helfeshelfer - und auch das nur noch widerwillig.
Die wahren Täter aber bleiben geschickt im Hintergrund.
Es wird die Hauptaufgabe der nächsten Zeit sein, den Atomkonzernen wirtschaftlich und image-mäßig zu schaden. Das ist eine Sprache, die sie verstehen.
Warum nicht eine Mahnwache vor den Niederlassungen, die alle MitarbeiterInnem, KundInnen und PartnerInnen der Konzerne an ihre Verwicklung in die Atomenergie erinnert?
Warum nicht eine Blockade der Hauptversammlungen? Die Aktionäre strahen doch wegen der fetten Gewinne aus der Laufzeitverlängerung. Die darf man doch nicht auf die Gesellschaft loslassen!
Geschäftspartner und Aktionäre der Atomkonzerne müssen auch sonst den Druck spüren. Insbesondere bei der EnBW haben die Kommunen Baden-Württembergs über den Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW) einen gewissen Einfluss.
Also: Die Atomkonzerne müssen in den Mittelpunkt der Proteste rücken. Ich habe hier ein paar Vorschläge gemacht. Seid kreativ! Und lasst mich wissen, was dabei raus kommt.
Daraus ergibt sich auch Punkt 4:
4.) Viele der DemonstrantInnen sind immer noch (direkt oder indirekt) Kunden der Aktomkonzerne. Endlich Stromverträge kündigen ! Mehr siehe: http://www.atomausstieg-selber-machen.de/
Siehe auch:
Wie kann ich aus der Ferne den Anti-Atom-Protest unterstützen?
Demos & Co. gegen Castor & AKWs: Ab heute, 5.November 2010
Atom-Alarm: Schütze Dein Atomkraftwerk! (Online-Spiel)
Decke im Atommülllager Asse eingestürzt
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