In Berlin tobt derzeit ein makaber anmutender Wettlauf unter RechtspopulistInnen, wer unter dem
Deckmantel „Islamkritik“ die meisten Vorurteile und Ressentiments besetzen sowie die Ängste von
Menschen am besten auszunutzen versteht. Neben dem Berliner Ableger von „Pro Deutschland“ und
dem rassistischen Stichwortgeber Thilo Sarrazin wollen nun auch das Noch-CDU-Fraktionsmitglied
René Stadtkewitz, gleichzeitig Vorstandsmitglied der selbsternannten Bürgerbewegung „Pax
Europa“ und das rassistische Internetportal „Politically Incorrect“ mit der öffentlich inszenierten
Einladung des Niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders ihr Stück vom Kuchen abholen.
Rechtspopulismus und rassistische Hetze haben, versteckt hinter einer „Meinungsfreiheits- und
Zensurdebatte“, Konjunktur. Zeit dagegen aktiv zu werden!
Wilders ist derzeit europaweit der auffälligste Rechtspopulist und Rassist. Als Vorsitzender seiner Ein-
Mann-Partei , der Niederländischen „Partij voor de Vrijheid“ (PVV), ist Stimmungsmache gegen
Muslima und Muslime der Hauptbestandteil seiner Agitation und verbindet ihn mit René Stadtkewitz
(noch CDU-Fraktionsmitglied im Berliner Abgeordnetenhaus) und dem rassistischen Internetportal
„Politically Incorrect“, die für seine Einladung für den 02. Oktober nach Berlin verantwortlich sind.
Stadtkewitz und „Politically Incorrect“ setzen dabei auf die von Wilders verfolgte Strategie, den Islam
mit dem Faschismus gleichzusetzen und über eine Verharmlosung von Nazis eine Kriminalisierung
von Muslima und Muslime zu erreichen. Vorurteile und Ressentiments sollen geweckt bzw. verstärkt
werden. Die Einladung von Wilders ist aber auch als Zeichen der zunehmenden Vernetzung von
Rechtspopulist_innen und Rassist_innen, ganz im Sinne der von Wilders international unter dem
Namen „Geert Wilders Allianz für die Freiheit“ angestrebten Organisation, zu verstehen. Diese soll
rechtspopulistische und rassistische Organisationen aus Frankreich, Großbritannien, den USA,
Kanada und Deutschland im Kampf gegen eine angebliche „Überfremdung“ einen. Schon hier
braucht es unseren entschiedenen Widerstand!
Deshalb wenden wir uns mit einem offenen Brief an die Politik:
Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung,
Sehr geehrte Mitglieder des Bundestages,
Sehr geehrte Mitglieder des Berliner Senats,
Sehr geehrte Mitglieder des Abgeordnetenhauses Berlin,
Wir fordern Sie hiermit auf, alle Mittel und Wege zu prüfen, die Einreise des Rassisten Geert Wilders nach Deutschland zu verbieten.
Unterstützung erhoffen wir uns dabei von allen Bundestags- und den Abgeordnetenhausfraktionen
in Berlin, die unser Ziel: „Kein Podium und keine Stimme für RechtspopulistInnen, RassistInnen und Neonazis“ teilen.
Wir teilen die Begründung des Innenministeriums von Großbritannien, dass Wilders mit
rassistischen Äußerungen regional wie europaweit Ängste zu schüren und Hass zu
säen versucht, um über eine Spaltung der Gesellschaft ganze Bevölkerungsgruppen
auszugrenzen. Auch wenn ein Londoner Gericht das erfolgreich durchgesetzte Einreiseverbot
für Wilders im Nachhinein zurückgenommen hat, ist diese juristische Entscheidung
für Deutschland nicht bindend.
Ein mandatsbezogenes Recht auf Einreise ist nicht gegeben, wie eine Stellungnahme
der Europäischen Kommission deutlich macht. Danach unterscheidet das Recht auf
Freizügigkeit in der EU nicht nach Mandat oder Status der einreisenden Person, sondern
bezieht sich ausschließlich auf den Bürger als "private Person" (http://www.euractiv.de, 24. Juni 2010).
Darüber hinaus sind in diesem Falle die Einladenden im Gegensatz zu Großbritannien keine
VertreterInnen einer Partei , sondern die Einladung erfolgte im Namen der rechtspopulistischen
selbsternannten Bewegung „Pax Europa“ sowie den als rassistisch bekannten Hetzern von „politically incorrect“.
Hier kann die Bundesregierung einen realen Beitrag zur viel beschworenen Zivilcourage gegen
Rassismus leisten und durch ein Einreiseverbot mit positivem Beispiel vorangehen.
Uns ist bewusst, dass so ein Schritt keine gesellschaftliche Debatte bzw. die Auseinandersetzung
mit völkisch-nationalistisch und/ oder religiös-fundamentalistisch und / oder rassistisch motivierten menschenverachtenden Ideologien und Denkweisen ersetzt.
Wilders wird aber, wenn es kein Einreiseverbot gibt, auf Einladung von „Pax Europa“
und „pi-news“ am 02. Oktober 2010 nach Berlin kommen. Die Intention ist, einen Tag
vor dem „Tag der offenen Moschee“ an einer Veranstaltung in Berlin teilzunehmen.
Schon in den letzten Jahren rief Pax Europa zu Kundgebungen im Rahmen dieses Tages auf, um gegen die „Okkupation“ des 03. Oktobers als „Tag der Offenen Moschee“ und eine vermeintliche „Islamisierung“
der Gesellschaft zu protestieren.
Unter dem Deckmantel von Islamkritik sowie Frauen- und Bürger_innenrechten versuchen
seit geraumer Zeit selbsternannte Bürgerbewegungen wie „Pax Europa“, „Pro
Deutschland“ oder Webblogs wie pi-news einen rassistischen Konsens nicht nur in Berlin
gesellschaftsfähig zu machen. Zusammen mit rassistischen Parteien wie Vlaams
Belang, Wilders Partei PVV, Lega Nord, FPÖ sowie mit Moscheegegner_innen wie der
„Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger“ (IPAHB) hetzen sie gegen Migrant_
innen und fantasieren den Untergang des „christlich-jüdischen Abendlandes“
durch eine „schleichende Islamisierung“ Europas herbei.
Ihr Konstrukt eines exklusiv „christlich-jüdischen Abendlandes“ zielt mit rassistischen
Argumenten darauf ab, über das Feindbild Islam Migrant_innen auszugrenzen. Sozioökonomische
und politische Aspekte werden als kaum zu überwindende kulturelle Modelle
verschleiert und der Islam als eine Art Vehikel benutzt, um soziale Ausgrenzung,
Diskriminierung und Sicherheitswahn mit dem Grundrechteabbau zu legitimieren. Dabei
scheuen sie genauso wenig wie Wilders davor zurück, den Koran mit Hitlers „Mein
Kampf“ oder den Islam mit dem NS-Regime gleichzusetzen und damit de facto Muslima
und Muslime in die Nähe von Nazis zu stellen. Die besondere Hervorhebung von Jüdinnen
und Juden wie auch von Symbolen Israels kann nicht als Begründung dafür
herhalten, dass es sich bei ihrer rechtspopulistischen Propaganda nicht um Rassismus
insbesondere gegen Muslima und Muslime und im Allgemeinen gegen Menschen mit
Migrationshintergrund handelt.
Das Bündnis, arbeitet darauf hin, diesen Rechtspopulist_innen und Rassist_innen jedwedes
Podium aber auch jede mögliche Stimme bei den Wahlen 2011 in Berlin zu entziehen.
Deshalb halten wir das Einreiseverbot von Wilders für ein wichtiges politisches
Zeichen. Wir sind der Meinung, wir müssen über Rassismus reden, auch auf Podien,
aber dazu brauchen wir dort keine Rassist_innen - auch nicht versteckt hinter einer angeblichen
Meinungsfreiheitsdebatte. Das gilt insbesondere bezogen auf die derzeitige
Debatte um das rassistische und sozialdarwinistische Pamphlet von Thilo Sarrazin. Ob
Wilders, Sarrazin, „Pro Deutschland“, „Pax Europa“ oder pi-news - allen ist gemein,
dass sie ganze Bevölkerungsgruppen pauschalisierend stigmatisieren, diskriminieren
und kriminalisieren.
Es wird endlich Zeit zu handeln, wenn die Bundesregierung ihre Aufrufe zur Zivilcourage
selbst ernst nehmen und ihrer Vorbildfunktion gerecht werden will. Es gilt, breit vorhandenen
Vorurteilen, Ressentiments und Ängsten, die Rechtspopulist_innen, Rassist_
innen und Neonazis ausnutzen und schüren sowie zur Ausgrenzung von Menschen
benutzen wollen, entschieden entgegenzutreten. Ein Einreiseverbot für Wilders
wäre dazu ein deutliches Signal. Die bereits in Planung befindlichen Proteste des
Bündnisses gegen die angekündigte Veranstaltung von „Pax Europa“ und „pi-news“,
ob mit oder ohne Teilnahme Wilders`, zu unterstützen, wäre der nächste Schritt.
Mehr Informationen:
Bündnis „Rechtspopulismus stoppen“
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Danke!
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Mein, dein, unser... täglicher Rassismus
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